In dem Beitrag wird der zwischensprachliche Einfluss des Vorwissens aus dem Italienischen und dem Bersntolerischen auf die mündliche Sprachproduktion im Deutschen als Fremdsprache von Lernenden der italienischen Sekundarschule untersucht. Mit dem Begriff Bersntolerisch wird eine germanische Sprachvarietät bezeichnet, die im Valle del Fersina (Bersntol) im Nord-Osten Italiens von noch ungefähr 2000 Menschen gesprochen wird. Politisch und verwaltungsmäßig gehört das Tal zur autonomen Provinz Trient und zur Region Trentino-Südtirol. Im Beitrag wird die grundlegende Hypothese erforscht, dass bilinguale Lernende einer autochthonen Minderheit (hier: Bersntolerisch) eine höhere kommunikative Kompetenz in einer dritten Sprache (hier: Deutsch) besitzen, im Gegensatz zu gleichaltrigen italienischsprachigen Lernenden, die Deutsch als Fremdsprache im gleichen Kontext und unter den gleichen didaktisch-methodischen Bedingungen lernen, die aber die Minderheitssprache nicht beherrschen. In einer ähnlichen, im Jahre 2011 durchgeführten kontrastiven Studie mit Lernenden der Grundschule, hat sich ergeben, dass bilinguale Lernende das sprachliche und strategische Wissen, über das sie in ihren Anfangssprachen (Bersntolerisch und Italienisch) verfügten, in die Zielsprache transferieren konnten, während Lernende, die nur Italienisch beherrschten, eine schwächere, sowohl strategische als auch kommunikative Kompetenz aufwiesen. In der hier präsentierten Studie wurden dieselben Lernenden in der Sekundarschule untersucht, also vier Jahre nach der ersten Studie in der Grundschule. Es ging hier um die Frage, ob bilinguale Lernende immer noch eine höhere kommunikative Kompetenz im Deutschen aufgrund des Bilinguismus in der Sekundarschule aufwiesen, wo sowohl die Kompetenzen nicht bilingualer Lernender als auch die Komplexität des deutschen Unterrichts gestiegen sind. Außerdem wurden in dieser Studie lernerexterne Faktoren in Betracht gezogen, damit die in dem Lernprozess miteinbezogenen Aspekte (Motivation, Unterrichtspraxis, Einstellung zu Deutsch) berücksichtigt werden konnten. Die kontrastive Analyse der sprachlichen Produktionen wies noch einen erheblichen Vorteil bilingualer Lernender einer Sprachminderheit in der Drittsprache auf. Gleichzeitig hat die Studie bewiesen, dass die Fortschritte nicht bilingualer Lernender in der Fremdsprache größer sind, als diejenigen bilingualer Lernender. Insbesondere wird vor der Gefahr eines unbalanced Bilinguismus (Lüdi 2003) gewarnt, in dem die Kommunikation in der lokalen Minderheitssprache nicht über den mündlichen Gebrauch in privaten Bereichen hinausgeht und das Sprachwachstum nicht ganz so erfolgt, wie es zu erwarten wäre, weil andere Faktoren, Bilinguismus ausgenommen, die Leistungen der Lernenden in der Drittsprache beeinflussen.

Deutsch als dritte Sprache für bilinguale Lernende / Ricci Garotti, Federica. - STAMPA. - Vol. 232:(2017), pp. 95-133.

Deutsch als dritte Sprache für bilinguale Lernende

Ricci Garotti, Federica
2017-01-01

Abstract

In dem Beitrag wird der zwischensprachliche Einfluss des Vorwissens aus dem Italienischen und dem Bersntolerischen auf die mündliche Sprachproduktion im Deutschen als Fremdsprache von Lernenden der italienischen Sekundarschule untersucht. Mit dem Begriff Bersntolerisch wird eine germanische Sprachvarietät bezeichnet, die im Valle del Fersina (Bersntol) im Nord-Osten Italiens von noch ungefähr 2000 Menschen gesprochen wird. Politisch und verwaltungsmäßig gehört das Tal zur autonomen Provinz Trient und zur Region Trentino-Südtirol. Im Beitrag wird die grundlegende Hypothese erforscht, dass bilinguale Lernende einer autochthonen Minderheit (hier: Bersntolerisch) eine höhere kommunikative Kompetenz in einer dritten Sprache (hier: Deutsch) besitzen, im Gegensatz zu gleichaltrigen italienischsprachigen Lernenden, die Deutsch als Fremdsprache im gleichen Kontext und unter den gleichen didaktisch-methodischen Bedingungen lernen, die aber die Minderheitssprache nicht beherrschen. In einer ähnlichen, im Jahre 2011 durchgeführten kontrastiven Studie mit Lernenden der Grundschule, hat sich ergeben, dass bilinguale Lernende das sprachliche und strategische Wissen, über das sie in ihren Anfangssprachen (Bersntolerisch und Italienisch) verfügten, in die Zielsprache transferieren konnten, während Lernende, die nur Italienisch beherrschten, eine schwächere, sowohl strategische als auch kommunikative Kompetenz aufwiesen. In der hier präsentierten Studie wurden dieselben Lernenden in der Sekundarschule untersucht, also vier Jahre nach der ersten Studie in der Grundschule. Es ging hier um die Frage, ob bilinguale Lernende immer noch eine höhere kommunikative Kompetenz im Deutschen aufgrund des Bilinguismus in der Sekundarschule aufwiesen, wo sowohl die Kompetenzen nicht bilingualer Lernender als auch die Komplexität des deutschen Unterrichts gestiegen sind. Außerdem wurden in dieser Studie lernerexterne Faktoren in Betracht gezogen, damit die in dem Lernprozess miteinbezogenen Aspekte (Motivation, Unterrichtspraxis, Einstellung zu Deutsch) berücksichtigt werden konnten. Die kontrastive Analyse der sprachlichen Produktionen wies noch einen erheblichen Vorteil bilingualer Lernender einer Sprachminderheit in der Drittsprache auf. Gleichzeitig hat die Studie bewiesen, dass die Fortschritte nicht bilingualer Lernender in der Fremdsprache größer sind, als diejenigen bilingualer Lernender. Insbesondere wird vor der Gefahr eines unbalanced Bilinguismus (Lüdi 2003) gewarnt, in dem die Kommunikation in der lokalen Minderheitssprache nicht über den mündlichen Gebrauch in privaten Bereichen hinausgeht und das Sprachwachstum nicht ganz so erfolgt, wie es zu erwarten wäre, weil andere Faktoren, Bilinguismus ausgenommen, die Leistungen der Lernenden in der Drittsprache beeinflussen.
2017
Brücken schlagen zwischen Sprachwissenschaft und DaF-Didaktik
Bern
Peter Lang
9783034326674
Ricci Garotti, Federica
Deutsch als dritte Sprache für bilinguale Lernende / Ricci Garotti, Federica. - STAMPA. - Vol. 232:(2017), pp. 95-133.
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